Ich bin bestürzt. Ich bin besorgt. Mich haut es aus den Latschen.
Da komme ich nach einer physisch auslaugenden Einheit virtual cycling und einem Geldbeutel-auslaugenden Fruchthaus-Erdbeereinkauf nach Hause, mich sehnend nach einer heißen Dusche und einem entspannt ausklingenden Abend, klicke aufgrund der Notiz „Jemand hat Ihren Beitrag in Oly-Dorf „Bungalow-village“ und Hochhäuser geliked“ auf den gestern von mir verfassten Post in eben dieser Gruppe, nur um erschrocken festzustellen, dass mein Post, in dem ich mich kritisch fragend an eine Instanz des Vereins wende, gelöscht wurde.
Ich stehe also bei offener Türe erschöpft und hummerrot in meinem Bungalow, während die zornrot-schillernd schönen Erdbeeren mir vor Fassungslosigkeit fast aus den diese nicht mehr fassen könnenden Händen entgleiten. Ich schlafwandle zu einer benachbarten Gasse, wissentlich, dass dort Mitglieder des Kult-Ausschusses wohnen, um sie zu bitten, mich in einem Leserbrief an die Dorfbewohner wenden zu können.
Meine engagiert-interessierte Frage, mit dem Hintergrund meiner Besorgnis um das Wohl der Dorfbewohner und Ihres beißenden Hungers nach einem anstrengenden Uni-Tag, sowie der Vereine und der Förderung kreativer Ideen im Dorf, wie dem Dorfkalender, scheint hier nicht als kritische Frage wohlwollenden Ursprungs in einer demokratisch-positiven Studentengemeinschaft gewertet zu werden, sondern als Schmähkritik, der es einer Zensur bedarf.
Wenn ich nun frei nach Böhmermann geschrieben hätte: „Das Essen in der Bierstube riecht immer nach Döner – selbst Gaultier-Parfums riechen schöner. Ihr seid die, die nie was eintragen – und dabei Gummimasken tragen. Am liebsten sollen sich andere für Euch bücken – und Ihr wollt Minderheiten unterdrücken.“ Ja, wenn ich all das geschrieben hätte, könnte ich Eure Zensur nachvollziehen.
Hier aber das, was ich tatsächlich geschrieben habe:
Worum es mir dabei eigentlich ging: Der Kult-Ausschuss (nein, ich bin kein Mitglied des KULT!) hat nach meines Wissens großen Bemühungen einen Dorfkalender ins Leben gerufen, der uns Dorfbewohnern das Leben im Dorf „einfacher“ machen soll. Ich bin davon absolut begeistert und stehe scheinbar, wie an der Resonanz und den Likes in der Facebook-Gruppe zu sehen war, damit nicht allein. Dass nun die Infos der Bierstube und ihrer angebotenen Tagesgerichte nicht mehr auf meinem Smartphone-Display erscheinen, hat mich schlicht verwundert und enttäuscht.
Ich frage mich wirklich, was an meiner Frage zensurwürdig ist – ist ja nicht so, dass wir uns im Territorium Kim Jong-uns befinden, wo Presse-und Meinungsfreiheit (wobei ich eigentlich nicht so weit gegangen wäre, meine Frage als dem Schutz der Presse-und Meinungsfreiheit bedürftig einzustufen, aber okaaay) im Keim erstickt werden müssen, oder?!
Sehe ich es also richtig, dass inzwischen Fragen und konstruktive Kritik unerwünscht sind?
Böhmermann würde sich fragen: sackdoof, feige und verklemmt – ist die Bierstube etwa Präsident? (Und ich denke: Was soll der Scheiß?)
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