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Dorfkultur

Die rote Stadt

Ich wohne nun bereits seit fast zwei Jahren im Olympia-Dorf. Nichtsdestotrotz war ich verwundert, dass ich die unmittelbare Umgebung dort so wenig kenne. Es war ein ehemaliger Arbeitskollege, der mich besuchen kam und fragte, ob ich die „Rote Stadt“ kenne. Das sei doch bei mir gleich in der Nähe. Ich hatte davon nie etwas gehört und befragte erst einmal Google dazu. Google hatte wenig Informationen zu bieten, aber nach einer kleineren Suche wurde ich fündig und konnte den ungefähren Standort der besagten „roten Stadt“ ausfindig machen. Sie liegt zwischen der Nadistraße und der Straßbergerstraße in Richtung der Ausfahrt zum Knorr-Bremse-Werk am Fuß des Kusocinskidammes.

Die rote Stadt

An was ich dachte als ich den Namen hörte, hatte eher einer Freizeitstätte geglichen, nicht jedoch den in urbanem Stil gehaltenen Gemäuern, die ich schließlich dort inmitten der Hochhäuser rund um das Olympia-Gelände vorfand. Ein Schild schrieb groß einen „Spielplatz“ aus – viel erinnerte mich hier jedoch nicht daran. Die Gemäuer glichen eher einem Jugend-Treffpunkt, an dem sich Graffiti-Begeisterte aus allen Altersstufen und Stilrichtungen verewigt hatten. Der Name „Rote Stadt“ wurde von den Bewohnern der Umgebung etabliert, da sie ursprünglich aus roten Ziegelsteinmauern mit Betonplatten darauf bestand. Von dem roten Mauerwerk ist heute jedoch nicht mehr viel zu sehen, aufgesprühte Kunstwerke bedecken nun die meisten Oberflächen. Die kleinen Häuschen sollten eigentlich Kaufmannsläden darstellen, stattdessen werden die Mauerwerke heute von Parkourläufern/Traceuren genutzt.

Vor allem Jugendliche treffen sich dort, um zwischen den Wänden hin und her zu springen, einen Back-Flip zu machen, zu balancieren oder Handstände und Sprünge zu üben. In Instagram findet man zahlreiche Posts und Videos von gewagten Stunts. Tolle Aufnahmen fand ich beispielsweise vom Instagramer „kahloh“, der seit 2010 Parkour läuft.

Die rote Stadt

Der Spitzensportler und Instagramer „veggy_ninja“, konnte sich 2017 sogar für das Finale der TV Show „Ninja Warrior Germany“ qualifizieren.

Die rote Stadt

Ganz ungefährlich ist dieser Sport sicher nicht, weshalb einer der ersten Artikel im Internet die man über die rote Stadt findet von einem verletzten Jungen handelt, der sich dort den Arm gebrochen hat. Aus Sicht der Eltern vermutlich nicht der beliebteste Hobby-Ort für ihre Kinder. Von einem anderen Blickwinkel betrachtet bietet dieser Ort Jugendlichen jedoch die Plattform dieses interessante und anspruchsvolle Hobby auszuüben. Die rote Stadt wurde 1972 zur Zeit der olympischen Spiele erbaut und ist seither ein Teil Kultur-Gut des Olympia-Parks.

Doch was sagt die Verwaltung zur Umfunktionierung des ehemals als Spielplatz angedachten Freizeitschauplatzes. Ein Schild der Olympiadorf-Betrieb Beteiligungsgesellschaft mbH (ODBG) besagt, dass die Ausübung des Parkour-Sportes auf eigene Gefahr erfolge und dort nur dann erlaubt sei, wenn die Traceure eine Erlaubnis der Eigentümer besäßen. Dem Aufstellen dieser Schilder folgte eine wilde Diskussion im Internet, ob der Parkour-Sport nun dort verboten wäre. Der Geschäftsführer der ODBG antwortete höchst entgegenkommend auf die besorgte Anfrage einer Parkourläuferin in einer Mail die online zu finden ist. Er betonte darin, dass die Verwaltung sehr positiv von dem Sportgeist der Jugendlichen angetan wäre, jedoch auch das Verletzungsrisiko in dem Sport sähe. Dies würde unvermeidbar zu Haftungsproblemen führen zwischen Krankenkassen und den Eigentümern. Durch das Aufstellen der Schilder wollen die Eigentümer verhindern, dass gewerblich orientierte Veranstalter, die Ihre Teilnehmer häufig nicht versichern das Gelände nutzen. Für eine solche Großveranstaltung wäre es von Nöten eine Erlaubnis einzuholen die einen Haftungsausschluss des Eigentümers beinhalte. Wer von Veranstaltungen unabhängig, also aus Privatvergnügen trainiere wäre hier nicht angesprochen, solange er sich ordentlich verhalte und das fremde Eigentum respektiere. Es sei zu beachten, dass in der „Weißen Stadt“, die nicht weit von der roten Stadt entfernt ist, der Parkour-Sport verboten worden sei, da es sich hierbei um einen Kleinkinderspielplatz handle. Die rote Stadt selbst ist heute kein Kinderspielplatz mehr – sie hat sich zu einer Plattform für akrobatische Meisterleistungen von jungen Erwachsenen aus aller Welt entwickelt.

Wir vom KULT finden, dass die rote Stadt ein Teil Kultur des Olympischen Dorfes ist der ein sehenswertes Ausflugsziel darstellt und wünschen euch ganz viel Spaß bei einer kleinen Entdeckungstour rund um euer Zuhause!