Wie wirkt sich der Klimawandel auf den Alpenraum aus?
Aktuelle Lage
Das alpine Klima ist eine Kombination aus meteorologischen Bedingungen auf lokaler Ebene und dem Einfluss von großen synoptischen Wettersituationen der nördlichen Hemisphäre. Seit dem 19. Jahrhundert ist die Temperatur in den Alpen bereits um 2°C gestiegen, derzeit liegt die Erwärmung bei 0,5°C/Dekade. Das ist dreimal so stark wie im Rest von Mitteleuropa. So sind bis dato 50% des seit dem Ende der kleinen Eiszeit Anfang 1900 vorhanden Gletschervolumens abgeschmolzen.
Zudem liest man vermehrt von außergewöhnlichen Trockenperioden im Sommer vor allem im Süden Europas, wie 2022 in der Po-Ebene in Italien, während die Winter nördlich des Alpenhauptkamms weiter niederschlagsreich sind. Dabei zeichnet sich ein Trend von schneearmen Wintern unterhalb von 1300m ab, in Italien ist die Schneegrenze im langjährigen Mittel um 400-800m gestiegen. Auch die gesamte Schneehöhe in den Alpen sinkt derzeit um 12%/Dekade. Dadurch verkürzte sich die Schnee- respektive Wintersportsaison in den letzten 50 Jahren um ca. einen Monat.
Allgemeine Zukunftsaussicht
Diverse Studien führen eine weitere Erwärmung im Alpenraum von +2°C bis 2050 an, bis 2100 geht man je nach Model sogar von +2,3°C bis +4°C aus (bezogen auf WMO-Normalperiode von 1971-2000). Aussagen zur Entwicklung des Niederschlags sind jedoch deutlich komplexer und unsicherer. Man rechnet jedoch mit einem weiteren Rückgang in den Sommermonaten, zudem fällt im Winter durch die steigenden Temperaturen öfter Regen.
Das hat direkte Auswirkungen auf den Wintersport: so sind nur 4 der knapp 450 süddeutschen Skigebiete bei einer Erwärmung um weitere 2°C noch schneesicher, eine künstliche Beschneiung ist erst ab 1500m möglich. Die reduzierte Schneedeckendauer und früh einsetzendes Tauwetter erschweren bereits jetzt den Schutz der Gletscher. Durch die beschleunigte Gletscherschmelze wird mit einem kompletten Verlust der Gletscherflächen bis 2100 gerechnet. Eine positive Rückkopplung durch eine verminderte Albedo verstärkt diese Effekte nochmals, das heißt je weniger Schnee- und Eisflächen vorhanden sind, desto geringer ist das Rückstrahlvermögen für die Sonnenstrahlung und desto schneller heizen sich die Flächen auf.
Bedeutung für den Rest der Natur
Der Schnee der Alpen reguliert den Wasserhaushalt im Flachland. Die Gletscher speichern Wasser langfristig und auch Altschneeflächen geben in den Sommermonaten das Wasser konstant an die Täler ab. Durch erhöhten Niederschlag in Folge von Regen werden Überschwemmungen und Murengänge häufiger. Der auftauende Permafrost, der Kitt der Berge, lässt ganze Felswände abbrechen, wie im Sommer 2022 in der Marmolata in Italien.
Der vielerorts durch Schadstoffe, Wildverbiss und Holzeinschlag vorbelastete Bergwald wird durch die Dürre in den Sommermonaten weiter geschwächt, so fehlt oft die Resilienz zum effektiven Schutz vor Muren- und Lawinengängen.
Was bedeutet das für den Bergsport?
Die Wintersportsaison wird in den nächsten Jahren von immer wechselhafterem Wetter und kleineren Zeitfenstern mit günstigen Tourenverhältnissen geprägt sein. Vor allem am südlichen Alpenrand und in den bayerischen Voralpen werden die Auswirkungen sichtbar.
Mit geringeren Schneemengen, Regenereignissen und lokal starken Niederschlägen wird die Lawinensituation schwieriger einzuschätzen und besonders Altschneeprobleme und einzelne Schwachschichten bleiben länger bestehen. Auch werden die Gletscher spaltenreicher und Schneebrücken seltener und instabiler.
Die Veränderungen werden auch im Sommer spürbar sein. Brüchigerer Fels, abgerutschte Wege, ausgetrocknete Flüsse und Seen auf Tiefstand sind nur ein paar Beispiele.
Quellen
https://www.slf.ch/de/schnee/schnee-und-klimawandel.html (03.05.23, 14.50Uhr)
https://www.zamg.ac.at/cms/de/klima/informationsportal-klimawandel/klimazukunft/alpenraum (01.05.23, 19.25Uhr)
‘21st century climate change in the European Alps—A review’, Science of the Total Environment, 2013, Andreas Gobiet et al.
‘Observed snow depth trends in the European Alps: 1971 to 2019’, The Cryosphere, 2021, Michael Matiu et al.