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Dorfkultur

Der Töpferausschuss

Eine Herzensinstitution/projekt inmitten des Olympiadorfes.

Sind euch schon einmal die kleinen bunten Häuschen, direkt neben dem Olympiapark aufgefallen? Wenn nicht, wird euch diese bunt bemalte Bungalow-Formation spätestens jetzt ins Auge fallen. Denn sie sind schon etwas ganz Besonderes. 1972 dienten die Bungalows noch der Beherbergung der Olympioniken, nun sind sie Teil des Olympiadorfes und dienen hunderten Studierenden als Unterkunft. Aber das Olympiadorf ist viel mehr als eine reine Wohnanlage. Hier findet das studentische Leben statt und ist quasi ein Dorf Mitten im Herzen von München. Möglich macht das auch die Organisation des sozialen Lebens, denn durch den studentisch organisierten Verein kann man sich in den Ausschüssen ganz nach den individuellen Vorlieben engagieren.

Einer dieser Ausschüsse ist der Töpferausschuss, in welchem alle Altersklassen vertreten sind. Der Grund hierfür ist, dass viele ehemalige Studierende weit über ihre Studienzeit hinaus dem Töpferausschuss treu bleiben, denn ist man einmal dem Töpfern verfallen, bleibt das meist auch ein Leben lang so. Diese Faszination liegt schlicht im Prozess des Töpferns, da das Töpfern eine Kunst für sich ist und gelernt sein will.

Zu Beginn muss man sich sicherlich auf einige Fehlversuche einstellen, gerade wenn mit der Drehscheibe gearbeitet wird. Alternativ kann der Ton auch aufgebaut werden und mit ihm kann man dann schöne Kunstwerke kreieren, indem man mit den Händen den Ton in Form bringt. Aber wir sind einmal ehrlich. Die Königsdisziplin ist das Töpfern an der Drehscheibe und dies erfordert viel Übung, damit die Technik perfektioniert werden kann. Dies ist sicherlich das Ziel aller Mitglieder, weswegen es so wichtig ist, dass auf die Erfahrung der „Alten-Hasen“ zurückgegriffen werden kann. Aller Anfang ist schwer, da kann es schon einmal passieren, dass das gelungen geglaubte Kunstwerk in der Tonwanne landet, anstatt gebrannt zu werden. Manchmal wird der Ton falsch zentriert und das Tonteil eiert anschließend auf der Drehscheibe oder es wird durch eine ruckartige Handbewegung komplett zerstört. Aber ist der Dreh einmal raus, kann das Töpfern schon fast meditativ wirken und der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.

Wer jedoch glaubt, das Töpfern an der Drehscheibe sei die einzige Hürde auf dem Weg zur fertigen Keramik, liegt falsch. Vielmehr müssen erst einmal mehrere Schritte beachtet werden.

Der Töpferausschuss
1. Schritt: Den Ton kneten
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2. Schritt: Den Ton auf dem Drehteller zentrieren
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3. Schritt: Den Ton aufbrechen und hochziehen
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4. Schritt: Die Formgebung

Wurde der Tonklumpen erfolgreich in eine Form gedreht, muss dieser zunächst kurzzeitig trocknen, um ihn anschließend abdrehen zu können. Wird dies vergessen, kann es vorkommen, dass die Keramik später schief steht und wer will das schon? Danach ist eine längere Trocknungszeit nötig und erst dann können die fertig getöpferten Teile im Ofen gebrannt werden.

Der Töpferausschuss
5. Schritt: Abschneiden
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6. Schritt: Vom Teller abheben
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7. Schritt: Das Trockenregal

Das Ofensetzten erfordert viel Fingerspitzengefühl und es ist auch von Vorteil, geübt im Tetris spielen zu sein. Hat die Keramik den Brand unbeschadet überstanden, weil gut vorgearbeitet wurde, kann mit der Auswahl der Glasurfarbe begonnen werden. Dies kann bei uns schon einmal überfordernd sein, da dank des weitergegebenen Erfahrungsschatzes viele Glasuren angesetzt werden. Auch beim Glasieren ist die Technik nicht zu verachten, schließlich darf nicht zu viel Glasur aufgetragen werden. Ist auch diese Hürde genommen, wird die Keramik ein letztes Mal gebrannt und erst wenn die Tür des Ofens geöffnet wird, kann gesehen werden, wie die Keramiken geworden sind. Kleine Farbunterschiede gibt es immer wieder, da es von der Temperatur beim Brand abhängig ist, wie intensiv beispielsweise das Blau wird oder nicht.

Der Töpferausschuss
8. Schritt: Der Schrühbrand im Ofen

Hält man endlich die fertige Keramik in den Händen oder isst sein Müsli zum ersten Mal aus der selbstgefertigten Schale, so gibt es einem ein sehr schönes Gefühl. Auch wenn das Fertigstellen ein langer Prozess ist und nur wenn genau gearbeitet wird, kann man im Nachhinein stolz auf sein Ergebnis sein. Dies macht es für viele so attraktiv, sich im Töpferausschuss zu engagieren und weil es ein perfekter Ausgleich zum Studienalltag ist. Natürlich ist auch das Miteinander etwas ganz Besonderes, da generationsübergreifend ein altes Handwerk weitergegeben wird.

Falls Du jetzt neugierig auf unsere Kunstwerke bist, kannst Du uns gerne auf Instagram folgen. Im Sommer gibt es zusätzlich die Möglichkeit, diese auf dem wöchentlichen Töpferverkauf im Olympiadorf käuflich zu erwerben. Zwar ist das Engagement im Töpferausschuss vorwiegend für BewohnerInnen des Olympiadorfes vorgesehen, so können zu Nicht-Corona-Zeiten auch Externe an Töpferkursen teilnehmen und zum Dienstags-Töpfern vorbeikommen. Gerade deshalb hoffen wir, dass bald zum alten Regelbetrieb zurückgekehrt werden kann, denn der Töpferausschuss ist ein Platz für alle kreativen Köpfe und für all diejenigen, die es noch werden möchten.

Abschließend möchten wir euch noch zwei Techniken vorstellen, welche eine optimale Basis für Tongefäße jeder Art bilden.

Wulst- und Bändertechnik

Zu Beginn benötigen wir einen Boden. Diesen erhältst du, indem du entweder eine Tonkugel mit deinen Händen formst oder eine gleichmäßige Tonplatte ausrollst und eine Grundform deiner Wahl ausschneidest. Achte beim Ausrollen des Tons darauf, dass die Platte gleichmäßig dick ist. Dabei können dir zwei Holzleisten mit identischer Stärke behilflich sein. Nun kann es mit dem Aufbau losgehen! Wir unterscheiden ab hier in Wulst- und Bändertechnik.

Der Töpferausschuss
Die Wulsttechnik

Für die Wulsttechnik formst du am besten mit den Fingern und beiden Handflächen zunächst den Ton zu einem gleichmäßigen Strang bis er (je nach Formgebung) ca. 2,5 cm dick ist. Das schwere Ende wird durch die Schwerkraft nach unten gezogen und verlängert sich dabei. Auf einer flachen, sauberen Unterlage kannst du nun den Tonstrang weiter rollen, sodass er gleichmäßig dünner und länger wird. Achte darauf, mit den Fingern und deinen beiden Handflächen nur leichten, gleichmäßigen Druck auszuüben, da der Strang sonst schnell flach wird. Sobald die gewünschte Dicke erreicht ist, verfährst du wie obig beschrieben mit Schlicker und Anrauen, um die Bänder am Tonobjekt zu befestigen.

Durch Anbringung der Bänder und Wülste mittig auf der Kante, erhältst du die Größe der Gefäßöffnung aufrecht. Wenn du Band oder Wulst etwas nach innen versetzt anbringst, so wird die Öffnung kleiner bzw. entsprechend weiter, wenn Band oder Wulst an der äußeren Kante befestigt werden. Sie können an jeder Stelle und in jedem beliebigen Winkel angesetzt werden, solange der Unterbau für das Gesamtgewicht stabil genug ist. Zu weiche Partien werden unten mit dem Föhn oder in der Raumluft leicht angetrocknet. Hier sind deiner Entdeckerfreude und Kreativität keinerlei Grenzen gesetzt. Achte nur stets darauf, alle Teile gut miteinander zu verbinden.

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Die Bändertechnik

Bei der Bändertechnik rollst du weiterhin Tonplatten aus einer beliebigen Tonmasse aus. Dies geht erheblich schneller mit einer Plattenwalze oder Küchenrolle. Von dieser Platte können nun Bänder abgetrennt werden (z.B. mit einem Messer). Um zwei Tonstücke zu verbinden, nutzt du sogenannte Schlicker (getrocknete Tonklümpchen in etwas Wasser aufgelöst) und raust die Berührungsflächen mit einer Gabel vorsichtig an.

Der Töpferausschuss

Vorab kannst du anhand solcher Skizzen deine gewünschte Form fixieren. Spiele ruhig ein bisschen mit Größe, Höhe, Durchmesser des Bodens, Form und Größe der Öffnung, überlege, ob Henkel, Griffe oder ein Deckel benötigt werden und bedenke auch die Oberflächengestaltung. Sei mutig! Wir wünschen dir ganz viel Spaß!

Artikel von: Douglas, S.; Gans, R.; Zellner, J.

Mit Fotografien und Inspirationen von: Mayr, X.; Wiedanke, A.

Na, neugierig? Besucht uns doch auf unserem Instagram Account @olytoepferstube oder kontaktiert uns unter der Mailadresse: ta@oly-dorf.de

Wir freuen uns auf euch!

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