Kategorien
Dorfgespräch Dorfkultur Zeitgeschichte

Eine außergewöhnliche OlyLust für außergewöhnliche Zeiten
TEIL 1

Eine kritische Auseinandersetzung mit der Geschichte der OlyLust

– Teil 1 –

Intro

Schneller als gedacht ist schon ein ganzes Jahr wieder rum und die Vorfreude auf DAS Highlight des Jahres im Olydorf, welche schon durch den mehrtägigen Aufbau und die lauten Vorbereitungen geprägt ist, war dieses Jahr – wie so vieles in letzter Zeit – einfach anders.

Dass die letzten 12 Monate durchaus außergewöhnlich waren haben wir alle schon so oft gehört und gelesen, dass es sich tatsächlich lohnt danach zu fragen, wofür denn dieses Wort eigentlich steht; das Wort außergewöhnlich?     
Nun, natürlich wird einem in dem Moment klar, dass außergewöhnlich Vieles im gewöhnlichen Leben außergewöhnlich ist (oder werden kann – solange man sich die richtigen Fragen stellt). Ihr wisst wahrscheinlich worauf ich hinaus will: dieses Wort ist nach Außen so klar wie nach Innen umstritten.          
Denn darauf, dass es das Wort gibt und wir es verwenden können, haben wir uns offenbar schon längst geeinigt. Doch was darunter zu verstehen ist und wie wir damit umgehen ist – wie so vieles in dieser Welt – im stetigen Wandel.

Die Zeit ist gewiss nicht immer­ die gleiche. Obwohl wir sie sprachlich nur zu bestimmen versuchen, geht sie langsam aber doch immer schneller vorbei. Nur eines wissen wir also: Zeiten ändern sich und damit auch die Menschen. Deswegen wird das „Außergewöhnliche“ immer von dem Kontext, der Person, von der Frage und dem Fokus; von uns selbst stark abhängen.

Über etwas anderes scheinen wir uns in dieser trostlosen Lage aber immerhin auch einig zu sein: erste Male sind (zumindest rein zeitlich betrachtet) außergewöhnlich. (Mal wieder scheinen die Zahlen das auszudrücken, was Wörter nicht können.)   
War also die diesjährige OlyLust etwa deswegen außergewöhnlich, weil sie in anderem Format stattfand? Und wenn sie außergewöhnlich war, was wäre, wenn wir euch erzählten, dass es sie ein paar Jahre in der Vergangenheit sogar gar nicht gab bzw. abgesagt werden musste (und das nicht wegen Corona!)? Wird sie damit außergewöhnlich bleiben?

Komplett wegzudenken war sie, unsere geliebte OlyLust 2021, zumindest (und zum Glück) nicht, denn, wenn der Lockdown uns eines belehrt hat, dann, dass selbst fest verankerte Traditionen – angefangen bei unserem Alltag – neu gedacht werden können, und dass gerade die darin mit Freunden gemeinsam verbrachte Zeit (sei es auf einer Party am Freitag, auf einem Konzert, Fasching oder sogar während der obligatorischen Kaffeepause in der Bib) einfach nicht selbstverständlich, wohl aber unerlässlich ist.      

Genau dies hat auch die diesjährige OlyLust geprägt: die Resilienz einer Tradition, die sich trotz aller Widrigkeiten neuerfinden ließ und abermals Freunde trotz physischer Distanz zusammenbrachte (wie sich das zaubern ließ, erzählen wir euch später im Einzelnen). Doch war die Geschichte der OlyLust sonst immer so ereignislos, oder war sie nicht vielmehr das Gegenteil davon?  
Das dürfte am Ende der Lektüre natürlich jeder und jede für sich selbst entscheiden. Darüber, dass diese Geschichte außergewöhnlich ist werden sich aber ohne Zweifel alle einig sein dürfen ?.

In diesem Artikel möchten wir euch deswegen auf eine kurze Reise durch einige Highlights der OlyLust mitnehmen und diese auch aus heutiger Sicht kommentieren und diskutieren. Wir wollen uns damit – wie es so schön heißt – kritisch auseinandersetzen.
Wir werden euch dabei nicht irgendwelche, sondern eher genau die Highlights, die uns auch glasklar beweisen wie widerstandsfähig und anpassungsfähig die OlyLust – und damit direkt auch wir, „Studenten im Olympiazentrum [e.V.]“, – sind. Denn „der größte Studentenfasching Europas“ hat sich nie allein organisiert, sondern ist Jahr zu Jahr durch die fleißige Arbeit der Studenten entstanden.

Inzwischen gibt es sie seit 43 Jahren und seitdem war sie auch Zeuge und Teil gesellschaftlicher Debatten und Ereignisse. Diese Entwicklung lässt sich nicht nur deutlich auf den unterschiedlichen Plakaten erkennen, sondern gerade auch an dem, was hinter ihrer jeweiligen Erstellung und Veröffentlichung selbst steckt.

1. Debatte um das Plakat aus dem Jahre 1980
Eine außergewöhnliche OlyLust für außergewöhnliche Zeiten <br> TEIL 1 </br>
1980

Als erstes Highlight haben wir deshalb das Plakat aus dem Jahre 1980 ausgewählt. Dieses hat nämlich durchaus für Furore gesorgt, indem es – mit der Darstellung einer von zwei Männern zugeschauten, leicht angekleideten Frau – dem Slogan „OlympiaLust“ einer komplett neuen Deutung zu geben versuchte bzw. jedenfalls Raum für eine Zweideutigkeit geschaffen hat, welche nicht ausschließlich auf Resonanz bei den Bewohnern stoßen würde.

Interessant ist sowohl das Ob und Inwieweit das Motiv sexistisch war, als auch der Umgang mit der Diskussion, welche im (damals noch gedruckten) Dorfbladl stattfand und dem Künstler sowie der TU-Frauengruppe Raum für Ihre Ansichten fand. Fraglich ist, ob ein solches Motiv es heutzutage bis in die Werbung der OlyLust geschafft hätte, oder ob es nicht vielmehr – getragen von der schnellen Kommunikation und Konfrontation im digitalen Zeitalter – nach ein paar Tweets oder Kommentare auf Instagram und/oder Facebook wieder aus dieser Welt Gedächtnisses verschwunden und durch ein neues offizielles Plakat ersetzt worden wäre. Vielleicht doch zumindest durch eins, auf dem die Frau bloß kein Kopftuch-ähnliches Stück trägt! Oder wäre in dem Fall heute dann doch ein „Kopftuch“ absichtlich gewollt? Denn überträgt man das Plakat in die heutige gesellschaftliche Debatte, so wären den Interpretationen einer solchen „Charlie Hebdo ähnlichen“ Karikatur wahrlich keine Grenzen gesetzt.

Fortsetzung folgt…