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Dorfkultur

[:de]Rundgang durch das Oberdorf[:]

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Vergangenen Mittwoch Nachmittag war ein Gruppe von interessierten Studierenden aus dem Olydorf gemeinsam mit Tatjana Eckerlein im Oberdorf unterwegs. Wie im Dorfbladl angekündigt, konnte man sich im Vorfeld für einen Rundgang über die Zeitgeschichte des Olympiadorfes anmelden, den Tatjana zu verschiedenen Anlässen mehrmals im Jahr anbietet. Nach dem Dorfgespräch, das das Dorfbladl mit ihr vor wenigen Wochen führte, hat sie angeboten, dass sie uns Studierenden einen eigenen Rundgang angeboten, bei dem sie über die Anfänge bis zum heutigen Wohn- und Erholungsgebiet des Olympiaparkes die ein oder andere Anekdote zu erzählen weiß.

So versammelte sich zu Beginn des Rundgangs eine illustre Runde Studierender – um die im blauen Hostessen-Dirndl angezogene Tatjana – am U-Bahnhof Olympiazentrum. Dieser wurde einstimmig als Schandfleck bezeichnet, bei dem immer noch nicht klar ist, was daraus werden soll. Seit Jahren plädiert die EIG (Eigentümer-Interessen-Gemeinschaft – langes Wort, das für den Verein des Oberdorfes steht, also das Pendant zu unserem Verein der Studenten im Olympiadorf) für eine ansprechende Lösung wie beispielsweise einer Alternative zum neuen Gedenkort des Olympiaattentates, einem kleinen Museum zur Geschichte von Olympia 1972 oder auch einfach nur einem gemütlichen Café, das die Besucherströme angemessen in Empfang nimmt. Der Gedenkort hat nach einigem Hin und Her mittlerweile seinen Standpunkt am Kohlemainenweg erhalten und ist somit keine Option mehr für den verkommenen Busbahnhof am U-Bahnhof.

Nach Erzählungen über die Anfänge des Olympiadorfes ging es weiter Richtung Ladenzeile, wo das Farbkonzept von Otl Aicher anhand von älteren Büchern und Plakaten erklärt wurde. Dieser entwarf für die Olympischen Spiele 1972 ein einheitliches Erscheinungsbild mit Farben, die die Landschaft Bayerns widerspiegelten und sich deutlich von den Farben der Nazizeit abgrenzten.

Tatjana ging davon aus, dass die meisten Studierenden bisher noch nicht weiter als zum Tengelmann (oder mittlerweile dem neuen Italiener am Ende der Ladenzeile) kamen und verspricht, dass sich ein Blick in die Nadistraße und Straßbergerstraße lohnen würde. Der ein oder andere aus der Runde gab an, dass er sich schon in den verschlängelten Gassen verirrt hätte. Tatsächlich können wir im Nachhinein bestätigen, dass sich die Neugierde, in die kleinen Gassen zu sehen, äußerst lohnt. So gibt es nicht nur die von weiten sichtbaren Hochhäuser, sondern auch weitere Wohnformen wie mehrstöckige Reihenhäuser oder einstöckige Bungalows. Für Letzteres schlägt das Studierendenherz besonders, da es an unsere Bungalows im Studierendendorf erinnert – nur eben etwas geräumiger.

Den Teilnehmern wird die Möglichkeit gegeben, in Wohnungen zu blicken, den Nadisee mit Umgebung zu erkunden, am Gebäude des Olympiaattentats zu verweilen und gegen Ende des Rundgangs zu erfahren, dass die DDR damals sehr erpicht darauf war, dass kein DDR-Bürger aus dem Gelände des Olympiaparkes und -dorfes entwischt. Tatjana verrät uns, dass tatsächlich kein DDR-Bürger die Flucht gewagt hatte, es aber dennoch einen erfolgreich Geflüchteten gegeben habe. Einen Rumänen, der die Gunst der Stunde nutzte, um aus dem Ostblock in die westliche Freiheit zu entfliehen.

Zu guter letzt unterhielt man sich noch über die Alte Mensa, in der heute die Verwaltungsstelle des Studentenwerkes sowie die Bierstube, Olydisco und weitere Vereinsräume untergebracht sind. Tatjana erinnert sich, wie sie damals noch als Studentin nach dem Sport in der ZHS am Abend noch in der Alten Mensa gegessen hatte – damals war das komplette Gebäude tatsächlich noch Teil der Mensen vom Studentenwerk. Eine letzte Anekdote packt sie noch aus und lässt einen der Studenten vorlesen, dass man 1972 ganz besonders stolz darauf war, dass jeder Sportler und jede Sportlerin die gleiche proteinreiche Nahrung in der Mensa bekam und das Essen nicht einmal von einem einzigen Koch angerührt werden musste – man hatte nämlich für jeden Prozess in der Küche eigene riesige Maschinen. Völlig unvorstellbar, was man damals als gesundes Essen bezeichnete im Vergleich zur heutigen Bio-Bewegung. Mit dieser letzten Anekdote entließ Tatjana uns nach drei Stunden in den studentischen Feierabend. Die Gruppe hatte Spaß, viel gelernt und empfand die drei gemeinsam verbrachten Stunden als definitiv nicht zu lange, sondern sinnvoll investierte Zeit.

In der Hoffnung, dass zukünftig noch weitere Rundgänge mit Tatjana Eckerlein durchs Dorf laufen und sich die teils witzigen, teils spannenden Anekdoten über unser Dorf anhören werden.

waldi

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