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Interview mit der Metzgerei Emil im Olydorf

Im Olydorf findet man in der Ladenzeile neben dem Obsthaus die Metzgerei Emil. Wir haben den Metzger Emil höchstpersönlich zu einem Interview eingeladen:

Warum haben Sie den Beruf gewählt?

Der Beruf hat mich gewählt. Ich wollte damals eigentlich Polizist werden. Meine Mutter hat in der Metzgerei geputzt und so kam ich dazu und blieb auch dabei.

Sie haben nun seit einigen Jahren Ihre Metzgerei hier im Olydorf: Wie lange sind Sie in dieser Branche schon tätig? Und wie lang genau davon hier im Olydorf?

In der Branche bin ich seit 37 Jahren, ich habe meinen Betriebsfachwirt und Meister gemacht. Zwischendrin war ich mal Verkaufsleiter und habe 32 Filialen betreut. Im Jahr 2007 habe ich mich dann selbstständig gemacht und bin seit 2017 hier im Olydorf.

Bilden Sie auch selbst aus?

Jemand, der den Meisterbrief hat, darf auch ausbilden, also ja, ich könnte ausbilden. Aber die Zeiten sind vorbei, ich habe noch nicht einmal eine Ausbildungsanfrage bekommen.

Interview mit der Metzgerei Emil im Olydorf
Der Meisterbrief hängt natürlich an der Wand der Metzgerei.

Was hat sich seit Ihrem Berufseinstieg in der Branche verändert?

Oh je. Wirklich alles, da ist nichts mehr so, wie ich es gelernt hab. Beim Hackfleisch zum Beispiel habe ich gelernt, dass es nicht länger als einen Tag alt sein darf. Jetzt bekommt man welches mit 3-5 Tagen Haltbarkeitsdatum im Supermarkt. Das liegt natürlich an enthaltenen Zusatzmitteln.

Woher stammt Ihr Fleisch genau? 

Ich habe einen Freund. Ihm gehört die Metzgerei Koch in Ortenburg bei Passau in Niederbayern. Der schlachtet selbst, und zwar Tiere von Kleinstbauern aus einem Umkreis von fünf Kilometern. Von ihm bekommen wir die Ware. Ohne ihn und die Kleinstbauern würden wir auch nicht mehr existieren.

Und wie sieht es dabei mit der Haltung aus?

Es handelt sich um Kleinstbauern, die maximal 15 bis 20 Schweine halten. Diese leben in Freilandhaltung: Tagsüber sind sie draußen und nachts gehen sie rein ins „Strohbett“. Dafür bezahlt man halt etwas mehr, aber dafür haben sie ein schönes Leben und wachsen langsam. Genauso verhält es sich auch bei den anderen Tieren, zum Beispiel beim Lamm. Das kommt von einer alten Dame, die die Tiere teilweise noch mit der Flasche aufzieht.

Hier im Olydorf wohnen ja sehr viele Studenten. Merken Sie das auch an Ihrem Kundenstamm oder gehen die wohl lieber Billigfleisch bei Aldi und co. kaufen?

Nein, es sind wahnsinnig viele Studenten, die ihr Fleisch bei mir kaufen, gerade im Sommer zum Grillen besonders zahlreich. Auch zum Mittagessen kommen viele, da haben wir ein Special-Angebot für 5 Euro für Studenten und die älteren Herrschaften.

Der Tönnies-Skandal ist ja noch nicht lange her. Haben Sie seitdem Veränderungen am Verhalten der Kunden wahrgenommen? 

Ich kenne die Firma dadurch, dass ich lange in einer Großfirma tätig war, gut. Auswirkungen habe ich kaum erfahren. Außer vielleicht, dass die Kunden öfters nachgefragt haben, woher das Fleisch bei mir kommt. Aber das freut mich ja, dass da das Interesse gewachsen ist.

Wie sieht es allgemein in den Zeiten von Corona aus? Hat das auch Auswirkungen auf Ihr Geschäft?

Wir haben das Mittagsgeschäft betreffend wahnsinnig viel verloren, da die Leute nicht mehr aus den Firmen zum Mittagessen vorbeigekommen sind. An der Theke wurde zwar etwas mehr verkauft, aber das konnte den Mittagsverlust nicht auffangen. Ich finde es aber schön, dass die Leute durch Homeoffice und die Kinder, die mittags daheim waren, wieder zurück zum Kochen gefunden haben.

Merkt man einen Unterschied zwischen einem Stück Fleisch aus dem Supermarkt und einem aus einer privaten Metzgerei wie Ihrer?

Geschmacklich wird man da beim Schwein nicht viel merken, aber qualitativ besteht natürlich ein großer Unterschied: Die Fütterung und der Auslauf sind dabei entscheidend. Unsere Tiere brauchen durch den Auslauf viel länger zum Wachsen. Dafür wird dann das Fleisch einfach kräftiger und kerniger. Das merkt man auch in der Pfanne – ein Stück gutes Fleisch bleibt da auch ganz, beim Billigfleisch kann es passieren, dass nicht mehr viel in der Pfanne ist.

Interview mit der Metzgerei Emil im Olydorf
Die Fleischtheke der Metzgerei Emil.

Was machen Sie anders als die Industrie?

Wir schlachten selber (beziehungsweise eben mein Freund) und beziehen das Fleisch von Kleinstbauern. Außerdem besteht unsere Wurstware nicht aus einer gleichen Grundmasse, in der dann nur jeweils unterschiedlich Paprika, Pilze und co. dazugegeben werden. Bei uns enthält wirklich jede einzelne Wurst unterschiedliche Zutaten mit unterschiedlichen Gewürzen, wir verwenden keine Gewürzmischung. Jede ist sozusagen ein Unikat.

Worauf kommt es bei einem guten Stück Fleisch an?

Auf die Reifung, die Marmorierung und den Fettgehalt.

Woran erkenne ich als Verbraucher gutes Fleisch oder gut produziertes Fleisch?

Die Produktion erkennst du überhaupt nicht, an den Geruch kommst du von außen auch nicht. Deshalb musst du dich an der Optik orientieren: Kalb beispielsweise muss zartrosa sein, mit schönen Fasern und zart. Man darf sich von der Dunkelheit aber auch nicht irritieren lassen: Dunkles Rindersteak hat seine Farbe von der Reifung, es bedeutet nicht, dass es alt ist. Besonders gute Stücke sind das sogenannte Dry Aged Fleisch (=am Knochen gereift) oder Iberico Fleisch.

Immer mehr Menschen werden Vegetarier oder wenden sich sogar dem Veganismus hin. Was halten Sie davon?

Das fragt ihr einen Metzger?! Ich persönlich halte jetzt nicht sehr viel davon, bin aber auch der Meinung, dass es besser ist nur 2-3 mal die Woche wenig, dafür gutes, Fleisch zu essen, als dauernd. Trotzdem verurteile ich Menschen, die gar kein Fleisch essen, natürlich nicht. Ich bin aber der Ansicht, dass komplett nichts nicht gut ist und man zumindest ein bisschen Fleisch braucht. Ich selbst hab die fleischlose Erfahrung allerdings auch schonmal gemacht, als mir der Arzt angeordnet hat, einen Monat kein Fleisch zu essen. Da habe auch ich mich daran gewöhnt und fand es gar nicht so schlimm.

Bieten Sie auch Fleischalternativen an?

Fleischalternativen jetzt nicht, aber wir haben beim Mittagessen auch rein vegetarische Gerichte, heute zum Beispiel Blumenkohlauflauf – ohne Schinken. Die Nachfrage ist da und darauf reagieren wir natürlich.

Zum Abschluss: Wie sehen Sie die Zukunft von Metzgereien? Was würden Sie sich hinsichtlich des Kaufverhaltens wünschen?

Wir sterben aus, das ist Fakt. Es gibt keinen Nachwuchs – weder als Metzger noch als Bäcker, noch nichtmal im Verkauf. Es gibt überhaupt keine Nachfrage. Nur zweimal war jemand für ein Praktikum da und das war verpflichtend für die Schule. Die Zukunft sieht also nicht so gut aus. Ich habe noch Kontakt zu der Meisterschule/Berufsschule in Landshut, da sind mittlerweile drei Jahrgänge in eine Klasse gepfercht und selbst so ist sie noch ziemlich leer.

In Hinblick auf die Kunden bin ich der Meinung: Lieber weniger kaufen, dafür was gscheids. Es wird auch immer noch zu viel weggeworfen. Das ist aber Sache der Politik, es wäre auch schön, wenn sich da bald etwas ändern würde.

Wir bedanken uns sehr herzlich bei der Metzgerei Emil für ihre Zeit und Offenheit!